Das Haus als Ort des Ausnahmezustands: Marius von Mayenburgs Eldorado (2004) und Der Stein (2008)

FOSSALUZZA, Cristina

2017-01-01

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Abstract

In Marius von Mayenburgs Werk spielt die Thematik des Ausnahmezustands eine Rolle ersten Ranges. Zentral ist in seinen Werken nicht etwa die rein juristische Problematik, sondern gerade die Verknüpfung von Gewalt und Leben sowie von Einschließung und Ausschließung, die auch Agamben in seinen Studien zu diesem Thema als konstitutiv für den Ausnahmezustand beschrieben hat. So wird bei Mayenburg das Eindringen eines permanenten Kriegs- und Gewaltzustands in den Fokus genommen, der in der modernen abendländischen Gesellschaft nicht zuletzt über die Medien auch visuell immerwährend präsent ist, in die Sphäre des Privaten und Familiären. Besonders das höchst destabilisierende und zerstörerische Potential dieses Gewaltzustandes für eine soziale Sphäre, die sich an der Schwelle zwischen Privatem und Öffentlichem verortet, wird auf die Bühne gebracht. Vor dem Hintergrund eines nie aus dem Text wegzudenkenden Kriegszustandes konkretisiert sich dieser Themenkomplex in den beiden Stücken Eldorado und Der Stein im Symbol des Hauses, eines Ortes, in dem sich Inklusions- und Exklusionsmechanismen abspielen und in dem das Private durch die Konflikte der Außenwelt völlig kontaminiert wird. Der permanente Ausnahmezustand, der in diesen Stücken herrscht, wird nicht etwa durch extreme Gewaltszenen greifbar, sondern durch eine raffinierte aber umso effektivere Textgewalt. Aus einer doppelten, ästhetischen und zugleich politischen, Perspektive erweisen sich diese beiden Stücke (die man als eine eindeutige Kritik der abendländischen Gesellschaft gerade an sich selbst lesen kann) als besonders ergiebig für eine Auseinandersetzung mit dem Ausnahmezustand in der Gegenwartsliteratur nach 9/11.