Reiseanekdoten als Muster kultureller Interaktionen: Carsten Niebuhrs Begegnungen im südöstlichen Mittelmeerraum

Frare Giulia

2022-01-01

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Abstract

Carsten Niebuhrs dreibändiges Reisetagebuch, das auf der dänischen Expedition nach Jemen zwischen 1761 und 1767 verfasst und dann zwischen 1774 und 1837 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, ist nicht nur ein außerordentliches geographisches, wissenschaftliches und ethnographisches Dokument, welches der akademischen Gesellschaft seiner Zeit wertvolle Auskünfte über das Land, die Pflanzen- und Tierwelt, die Volkssitten und die Sprachen der besichtigten Orte vermittelt; dank der zahlreichen Anekdoten, die es enthält, wird es auch zum Zeugnis interkultureller Begegnungen und kritischer Beobachtungen, die zu kulturkritischen Überlegungen anregen. Solche Episoden handeln von kleineren oder größeren diplomatischen Zwischenfällen oder von alltäglichen Missverständnissen, die dann passieren, wenn Menschen unterschiedlicher kultureller Herkünfte denselben Raum teilen, und erscheinen innerhalb der Reisebeschreibung wie kleine narrative Miniaturen, die den Fluss der wissenschaftlichen Beobachtungen zeitweilig zum Stillstand bringen. Im Rahmen dieser Gegenüberstellung ferner Kulturen wird auch der europäische Mensch kritisch betrachtet. Aus diesen Gründen kann Niebuhrs Tagebuch auch für eine Überlegung zum Begriff des „Orientalismus“ herangezogen werden. In diesem Beitrag wird auf einige erzählten Episoden eingegangen, die von den auf das Mittelmeer blickenden Ländern berichten und einen Blick auf die Welt der interkulturellen und interreligiösen Kontakten im Nahen Osten ermöglichen.